E-tropolis 2022
Nach dem Motto “Bässer – Härter – Lauter”…
24.09.2022 [ct] …fand auch in diesem Jahr das E-Tropolis-Festival in den Turbinenhallen Oberhausen statt.
Pünktlich um 14 Uhr ging es mit Synthattack auch direkt laut und basslastig los – visuell untermalt ging es einmal quer durch die Schaffensgeschichte, inklusive einem Feature von Basscalate, der anderen Band von Sänger Martin.
Nachdem alle ordentlich aufgewärmt waren, ging es mit Vanguard weiter, die kurzfristig für die krankheitsbedingt ausgefallenen Rroyce eingesprungen waren. Etwas ruhiger als der Vorgänger, aber nicht minder tanzbar.
Nun wurde von Mildreda dann auch die zweite Stage eröffnet – das Duo wusste mit seinem Sound zu begeistern und lockte direkt eine ansehnliche Menge tanzendes Volk vor die Bühne.
Auch Grendel konnte auf einen gut gefüllten “Bühnen-Vorplatz” schauen. Der Funke sprang schnell über, so gab es neues und auch mit “Timewave Zero” sehr altes Material auf die Ohren.
Auf der zweiten Stage hieß es dann: vulgäre Texte und harte Beats – Centhron gaben sich die Ehre und stampfen alles in Grund und Boden. Wer die Jungs schonmal hier gesehen hat, hörte raus, dass der Sound schon jetzt ein bisschen problematisch war. Dennoch: Der Auftritt blieb von größeren Ausfällen verschont.
Auf der Main Stage war es nun Zeit für Claus Larsen alias Leæther Strip. Und der hatte so richtig Bock. Zu den harten EBM-Klängen bildete sich schnell ein amtlicher Pit, und so manch einer wurde unfreiwillig mit Bier geduscht. Dennoch: die Stimmung war sowohl auf, als auch vor der Bühne am Überkochen. Claus ließ es sich nicht nehmen, ordentlich mit den Anwesenden zu flirten und sie immer wieder zu Höchstleistungen anzuspornen. Als One-Man-Show machte er mehr Stimmung als so manch eine mehrköpfige Truppe.
Ohje, das sah aber gar nicht gut aus an der Second Stage. Eigentlich sollte es direkt nach dem Ende des Leæther Strip-Auftritts hier mit den Exoten des Festivals, The Joke Jay, weitergehen. In der Halle angekommen, war von einem Beginn der Show aber noch nichts zu spüren. Der komplexe Sound der Band machte einen schnellen Umbau unmöglich, daher ging es erst gut 20 Minuten später los. Zu dem Zeitpunkt hatten einige Wartende schon aufgegeben. Was dargeboten wurde, war von sehr guter Qualität – allerdings reichte es am Ende gerade mal für vier Songs. Sehr schade, waren The Joke Jay doch eine willkommene Abwechslung gewesen.
Ein ganz anderes Bild bot sich auf der Main Stage: Faderhead rissen einmal ordentlich ab. Gefühlt stieg die Temperatur im Raum um ein paar Grad und sowohl auf, als auch vor der Bühne sah man Party pur. Mit “Halloween Spooky Queens” in einer aktualisierten Version gab es auch neues Material auf die Ohren.
Die Soundprobleme auf der zweiten Stage sollten sich leider für den Rest des Tages kaum bessern – bei Winterkälte kam irgendwie nur ein undefinierbarer Soundbrei an. Ja, der Sound ist minimalistisch und voll auf die Zwölf, man sollte also meinen, dass man da nicht viel kaputt machen kann.. leider falsch gedacht.
So nutzte so manch einer die Zeit des seelenlosen Krachs, um sich in der dritten Halle mit etwas Essbarem zu versorgen. Auch dieses Jahr konnte man sich über die Auswahl und die Qualität kaum beschweren. Im direkten Vergleich wurde hier und da etwas der Preis angezogen, aber das wundert in Zeiten der Inflation wohl niemanden mehr.
Weiter ging’s mit Solar Fake, die eine gewohnt solide Show ablieferten. Keyboarder André griff bei einigen Songs zum Bass und posierte wie ein Weltmeister. Songtechnisch gab es ein Best of mit Schwerpunkt des letzten Albums “Enjoy Dystopia” zu hören.
Der Fluch der zweiten Bühne traf auch Agent Side Grinder mit voller Wucht: die Musiker hatten überhaupt keinen Monitor-Sound, hörten sich also gegenseitig komplett gar nicht. Im Blindflug versuchte man ein paar Songs, bis man frustriert aufgab.
So blieb einem wenigstens die Überschneidung mit den nun folgenden Combichrist erspart. Heute nur zu zweit, mit einem Oldschool-Elektro-Set. Combichrist taten, was sie immer tun: die Hütte abreißen. Harte Beats hallten durch die Turbinenhallen und brachten den Boden zum Erzittern. Evergreens wie “Blut Royal” und “Electrohead” wurden lauthals mitgesungen und man kann mit Fug und Recht behaupten: so voll war die Halle weder davor noch danach.
Es galt nun, eine schwere Entscheidung zu treffen: Aesthetic Perfection standen als Headliner der zweiten Stage in den Startlöchern. Während Combichrist noch die Main Stage zerlegten, hoffte man, dass die Soundprobleme der zweiten Stage Daniel Graves und seine Mystery Men nicht treffen würden und man nicht etwa ganz umsonst die fette Party der großen Halle verlassen hatte. Ganz unberechtigt war diese Angst nicht: man startete pünktlich mit Gods and Gold – aber der Sound ließ noch etwas zu wünschen übrig. Zum Glück besserte sich das schnell, so dass man den eigenwilligen Industrial Pop und Daniels einmalige Stimme in vollen Zügen genießen konnte. Da dies nun erstmal für eine Weile der letzte Gig in Europa war, wurde es zum Ende hin emotional: Daniel bat seine beiden Mitstreiter, sich zu demaskieren. Erst waren es Fremde, jetzt sind es Freunde. Mike Schopf und Paul Winter haben Daniel das ganze Jahr begleitet, werden nun aber leider vorerst nicht mehr dabei sein. Sehr schade, denn beide haben die Liveauftritte sehr bereichert.
Finale auf der Main Stage: Project Pitchfork machte den Sack zu. Von “Pitch-Black” über “Alpha & Omega” bis zum Clubhit “Timekiller” – hier konnte man nochmal die letzten Reserven mobilisieren, bis die Aftershow-Partys starteten und man noch bis tief in die Nacht weiter tanzen konnte.
Für das nächste Jahr stehen mit Suicide Commando, Nachtmahr, Kite, Frozen Plasma, Empathy Test, Rroyce und Accessory, die ihren Auftritt nachholen, auch schon die ersten Bands fest.
Text: Cynthia Theisinger